„Das ist so, als ob wir in verschiedenen Zeitzonen in einem Haus leben.“
Samstag morgens mit meinem Teenager
Bei mir ist so, dass ich auch am Wochenende nicht allzu spät aufstehe. Ja, ich bleibe auch gerne noch länger liegen und freue mich, wenn ich auf die Uhr schaue und sehe, dass ich an Werktagen jetzt aufstehen würde oder bereits mein Schulkind aus dem Haus verabschiede, ich heute noch liegen bleiben darf. Doch spätestens um 8 Uhr stehe ich dann auf und starte in den Tag. Mit meinem Mann und unserem 7jährigen frühstücke ich, in aller Ruhe, wir unterhalten uns, lassen uns mehr Zeit als unter der Woche und freuen uns, dass niemand Stress macht. „Beeil dich jetzt mal!“ oder „Los jetzt, in 5 Minuten müssen wir doch los!“ Das sagt niemand an einem Samstagmorgen. So genießen wir ein entspanntes, zeitdruckfreies Frühstück. Anschließend räumen wir den Tisch ab und beginnen mit dem Haushalt. Den Haushalt teilen wir am Samstag immer auf, sodass jeder von uns eine oder mehrere Aufgaben hat, und erledigen sie. Es wird also fleißig geputzt, gewaschen, aufgeräumt, eingekauft, mit dem Hund spazieren gegangen usw. Was ebenso anliegt, das weißt du ja selber.
Irgendwann ist es Mittag und ich koche das Mittagessen. Manchmal macht mein Jüngster mit, manchmal nicht. Kurz bevor es fertig ist, gehe ich dann in das Zimmer meines Teenagers. Bis dahin habe ich schon „einen Tag“ erlebt. „Guten Morgen, Mama“, sagt er, reckt und streckt sich, schaut auf die Uhr und korrigiert: „Oh, oder lieber guten Tag.“ Er liegt im Bett und hat bis dahin geschlafen. Ich sage ihm, dass es gleich Essen gibt und das Mittagessen essen wir dann auch alle vier zusammen.
Doch ich finde das schon faszinierend, die Aufgaben die ich an diesem Tag habe, sind alle erledigt bevor er überhaupt aufsteht.
Ich mache dann nach Mittagessen Dinge, die mir Freude machen und genieße den restlichen Samstag. Mein Großer fängt dann erst mit seinen Aufgaben an. Vor einiger Zeit hat mich das noch echt gestört, denn ich hätte gerne mit allen zusammen erstmal die Arbeiten erledigt und dann gemeinsam die Freizeit genossen. Das war meine Vorstellung, doch jetzt ist mein Kind ein Teenager und es wird anders.
Der Biorhythmus des Teenagers
Mittlerweile ist es für mich in Ordnung, dass er nach uns anderen seine Aufgaben macht und es nervt mich nicht mehr. Sein Biorhythmus hat sich verändert und ist nicht mehr so wie meiner. Er kann erst deutlich später einschlafen als ich selbst und muss trotzdem fast so früh aufstehen wie ich. Da ist es doch klar, dass er am Wochenende länger schläft- er hat eine Art Jetlag und muss erstmal Schlaf nachholen.
Es ist nämlich so, dass bei Jugendlichen das Schlafhormon Melatonin circa zwei Stunden später anfängt zu arbeiten als bei uns Erwachsenen.
Melatonin sorgt dafür, dass der Körper müde wird, der Blutdruck und die Körpertemperatur sinken, die Atmung wird langsamer und wir können schlafen. Das Hormon reagiert auf Tageslicht und wenn es draußen dunkler wird, wird mehr Melatonin gebildet, was dafür sorgt, dass der Körper sich auf die Nachtruhe vorbereitet. Von Beginn der vermehrten Hormonbildung bis zum Schlaf vergehen circa zwei Stunden. Sind wir Eltern um 22 Uhr müde und können schlafen, hat das Hormon um circa 20 Uhr mit seiner Arbeit begonnen.
Das ist bei den Jugendlichen anders. Ihr Körper ist der Veränderung von Kind zu Erwachsen und die Hormone sortieren sich neu. Dazu gehört auch das Hormon Melatonin. Dieses beginnt verspätet mit seiner Arbeit und startet oftmals erst gegen 22 Uhr damit, den Körper auf die Nacht vorzubereiten. Oft sind die Jugendlichen noch mit ihren Freunden in Kontakt, welcher über Handys gepflegt wird und das Licht des Handys nimmt der Körper als Tageslicht wahr. Tageslicht sorgt wiederrum dafür, dass das Melatonin später gebildet wird, nämlich wenn es draußen dunkler wird. Daher ist es ratsam, das Licht des Handys umzustellen oder die Geräte mit Bildschirm komplett auszuschalten, damit der Körper kein falsches Tageslicht mehr wahrnehmen kann.
Mein Teenager kann also noch gar nicht schlafen, wenn ich um 22 Uhr sage: „Es wird jetzt Zeit. Geh schlafen!“ Ja, sagen kann ich es, schlafen kann er allerdings trotzdem nicht. Also schläft er an Wochentagen zu wenig und ist dementsprechend müde, wenn es ins Wochenende geht. Da darf er seinen Schlafmangel doch gerne ausgleichen und länger schlafen. Das würde ich dann auch wollen. Und aufräumen und putzen ist auch nicht der Knaller, der ihn leicht und voller Freude aus dem Bett steigen lässt am Samstagmorgen…
Abends mit meinem Teenager
Abends merke ich den Zeitunterschied erneut. Mein Mann, mein jüngster und ich essen zusammen zu Abend. Mein Großer fehlt, denn er hat noch keinen Hunger. Der kommt dann meistens, wenn ich bereits im Bett liege und noch etwas lese. Dann höre ich Teller und Messer klappern, der Kühlschrank wird geöffnet und geschlossen und Wasser eingeschenkt. Aha, jetzt hat er Hunger. Er sitzt gemütlich am Tisch und isst, während sein kleiner Bruder schon eine Weile schläft und mein Mann und ich bereits im Bett liegen. Zu dieser Zeit könnte ich gar nichts mehr essen, da bin ich schon zu müde, doch mein Sohn schaut mich mit wachen Augen an und genießt seine Mahlzeit. Anschließend macht er sich zwar auch fertig fürs Bett, doch es dauert noch eine ganze Zeit, bis er einschlafen kann.
Natürlich finde ich es schade, dass er bei den Mahlzeiten nicht dabei ist und wir nicht alle zusammen am Tisch sitzen und uns unterhalten. Doch ich weiß genau, dass er selber gar nichts dafür kann, es ist normal und gehört zu seiner Entwicklung. In dieser möchte ich ihn ja unterstützen und ihm nicht schaden, nur weil ich unbedingt will, dass er mit am Tisch sitzt: „Das macht man halt so!“
Nein, bei uns nicht. Denn ich weiß, dass sich diese Zeit wieder ändern wird. Und dann sitzt er wieder mit uns gemeinsam am Tisch, fröhlich, freundlich, wach und von seiner Familie immer unterstützt. Darauf freue ich mich schon.
Wenn du auch einen Teenager zuhause hast, der in deinen Augen „zu Unzeiten“ schlafen geht oder sein Essen isst, dann weißt du jetzt, dass der Biorhythmus sich aktuell in einer anderen Zeitzone befindet… Dein Kind kann nichts dafür, sondern es ist völlig normal in seiner Entwicklung. Und das ist doch auch gut zu wissen, oder?
Quelle: https://www.cerascreen.de/blogs/gesundheitsportal/schlafhormon-melatonin